Minden. Als sich Simone Fierus am 3. Februar hilfesuchend an die rund 12.000 Mitglieder der Facebook-Gruppe „Helferbörse Minden u. Umgebung“ wendete, hatte sie eigentlich schon jede Hoffnung aufgegeben, dass ihr Aufruf den gewünschten Effekt haben wird und ein für sie ganz besonderes Erinnerungsstück noch zu retten sein würde.
Doch was war passiert?
In der Nacht vom 1. auf den 2. Februar war in ihrer Wohnung ein Regal umgekippt, in dem sich ein Engel aus Keramik befand. Beides ging dadurch zu Bruch. Während das zerstörte Möbelstück für Frau Fierus leicht zu verkraften war, war sie unendlich traurig über den Verlust des Engels, der sie schon so lange Zeit begleitet.
Der Engel war ein Geschenk von der Oma ihrer Tochter und hat die beiden schon auf vielen steinigen Wegen begleitet. In ihrer Schwangerschaft erkrankte Simone Fierus schwer, ihre Tochter Mia kam aber gesund und munter zur Welt. Das erste Jahr nach der Geburt war eine Herausforderung für die frisch gebackene Mutter, die eine große Operation nach der Geburt durchstehen musste. Glücklicherweise verlief diese OP aber ohne größere Komplikationen. Immer dabei – der Engel. Auch im September 2020, als Mia sich einen komplizierten Armbruch zugezogen hatte und operiert werden musste.
Das himmlische Wesen, da ist sich Frau Fierus sicher, half den beiden durch die schweren Zeiten.
„Er ist für mich von großer Bedeutung.“
Und nun lag dieser Engel in Scherben vor Simone Fierus. Ihn einfach wegwerfen, ein Ding der Unmöglichkeit. Ihn selbst reparieren, ebenfalls nicht möglich.
Also wendete sie sich an die Helfergruppe auf Facebook:
„Ihr Lieben,
hat vielleicht jemand die Möglichkeit, diesen Engel wieder ganz zu bekommen? Er liegt mir sehr am Herzen. Ich habe alles was es an Teilen gab eingesammelt.Anbei noch ein Foto wie er vorher aussah.
Lieben Dank“
Auf dem ersten Bild zu diesem Post sieht man einen Schuhkarton, in dem Simone Fierus die Scherben ihres kleinen Glücksbringers gesammelt hat, auf dem zweiten den Engel in seiner unbeschädigten Form. Sein Kinn stützt er auf seinem rechten Arm ab und erinnert so -wahrscheinlich gewollt- an einen der beiden Engel, aus dem renaissancezeitlichen Gemälde „Sixtinische Madonna“ von Raffael Sanzio da Urbino. Die beiden Putten (Skulptur oder Malerei einer Kindergestalt) am Fuße des Gemäldes, welches 1512/13 von Raffael aus Ölfarben, auf einer 256cm hohen und 196cm breiten Leinwand geschaffen wurde, sind vielen Menschen eher geläufig als das Gesamtkunstwerk. Was durch die millionenfache Abbildung der beiden Putten zu Werbezwecken oder in Form von keramischen Büsten zu erklären ist.
Zurück von der Kunstgeschichte zum fragmentierten Engel. Den Aufruf entdeckte ein Mitglied unseres Vereins und informierte den Vorstand. Aber was haben wir damit zu tun? Dies erklärt sich leicht. Denn seit Beginn unserer Vereinsarbeit haben wir uns eine kleine Werkstatt aufgebaut, in der sich nicht nur Material zur Herstellung von archäologischen Replikaten und Abgüssen befinden, sondern auch die notwendige Ausstattung zur Konservierung und Restaurierung von archäologischem Fundgut.
An den Funden unserer Mitglieder und denen im Eigentum des Vereins, können so -nachdem sie durch das Fachamt für Bodendenkmalpflege erfasst und wissenschaftlich bearbeitet worden sind- notwendige konservatorische Maßnahmen und Restaurierungen erfolgen. Bei besonderen Härtefälle oder aufwendigen Maßnahmen arbeiten wir mit dem Restaurierungslabor die Konservatoren – Restaurierungslabor für archäologisches und historisches Kulturgut aus Berlin zusammen.